Montag, 17. Oktober 2022

Wenn sich Luigi für seinen Bruder schämt

Seit Cottbus zum Schengenraum gehört, ist die Anreise viel entspannter, weil man auch ohne Ahnentafel einreisen darf und seinen Ariernachweis nicht ständig mitführen muss. Aber im Ernst, Cottbus ist eine wunderschöne bunte Stadt, das hätte vom Schiedsgericht nicht gesondert unterstrichen werden müssen - aber der Reihe nach.
Der USV Potsdam war vergangenen Samstag in die Perle der Lausitz gereist, um dem Cottbuser Anhang zu zeigen, dass wir mehr können als auf dem Feld stehen und Punkte dalassen.
Parallel wurde das klassische Stück "Luigis Bruder", aus der späten Schaffensperiode des bekannten postsurrealistischen Dramatikers S. Richter aufgeführt, das hier allerdings als Posse dargeboten wurde - ein künstlerisches Meisterwerk.
Die Zossener, das geriatrische Asyl für unseren, seinen sportlichen Lebensabend ausklingen lassenden "wäre er mal beim USV geblieben"-Jan, waren an diesem Tage personell nicht unbedingt mit der volleyballerischen "haute cuisine" angereist. Mit dem spielerischen Charme einer Bahnhofsvorplatzfrittenbude bekam der USV aber zumindest eine solide und verlässliche Bratwurst geliefert, die dann ordnungsgemäß portioniert wurde und ohne groß zu kauen seinen Weg in den Verdauungstrakt des Schwarzen Balletts antrat.
Dabei begann der erste Akt der Posse "Luigis Bruder", in dem die Zuschauer in den Charakter der dominant-allwissend auftretenden Herrschergestalt, die vom Künstler stets als "Luigis Bruder" bezeichnet wird, eingeführt wurden. Bezeichnend die Szene im zweiten Aufzug, als Luigis Bruder dem sympathischen Helden von oben herab entgegnet: "Einen Fehler zu zeigen genehmt mir nicht, suche er sich einen aus, der kleine Wicht."
Während Zossen so langsam seine Bahnen durch den Verdauungstrakt des USV zog, schickte sich der gastgebende Cottbuser VV an, das gute Geschirr für das anstehende Gelage herauszuholen. Ich kann mich nicht entsinnen, dass der USV jemals 14 Spieler auf ein Protokoll bekommen hätte. Jedenfalls fuhr der CVV ordentliche Geschütze auf, die der Bestia Negra durchaus dauerhaft Probleme hätten bereiten können. Die Verwendung des Konjuktivs verrät - es gibt da eine Einschränkung: die alte Volleyballweisheit "Ein Spiel wird in der Annahme entschieden". Das Spiel war durchaus sehenswert, eng, intensiv und auf einem guten Niveau, in dem auf beiden Seiten insbesondere die Block- und Abwehrleistung hervorzuheben sind. Nachdem der erste Satz erwartungsgemäß mit 25:21 an den USV ging, wurde der zweite Satz zum Auftakt des zweiten Aktes der künstlerischen Paralleldarbietung. Nachdem der USV zwei Satzbälle abwehren konnte und auf 23:24 herankamen, gelang es Phil nicht, innerhalb von 8 Sekunden einen Aufschlag auszuführen - im Nachhinein finde ich die Zeit auch echt knapp bemessen.
Der strahlende Held wollte nun gerne den Aushilfs-Luigi um Aufklärung bitten, als Luigis Bruder sich einmischte und mit der freundlich formulierten Bitte "Hau ab, du hast hier nichts zu suchen" fleißig an seiner Kompetenzüberschreitung und verbalen Eskalation arbeitete - der Auftakt zur vorläufigen Kulmination. Im Drama heißt es weiter:
Luigis Bruder: (geht zum Dorfschulzen) "Seist du nicht der Trainer, sprich! So verkündige deinem Pöbel, er möge im Zaume halten sich!
Dorfschulze: "Habe er ein Problem, so wende er sich an den Kapitän."
Luigis Bruder: (dem Dorfschulzen ans Revers greifend) "Werde er nicht frech, wenn ich hier schelt, sonst schmeiße ich ihn noch heute vom Feld."
Die Darbietung beider Schauspieler war in dieser Szene hervorragend, und wurde von der Presse in den höchsten Tönen gelobt. Der für S. Richter typische Surrealismus brach sich nun Bahn, als der USV Potsdam aufgrund eines Spielerwechsels beim Cottbuser VV eine Verwarnung wegen Verzögerung erhielt. Eine herrliche Inszenierung. Die Äußerung des strahlenden Helden: "Ich verstehe nicht, warum man in ein so tolles Spiel so eine unnötige Schärfe reinbringen muss" wurde dann vom Aushilfs-Luigi als "Schnarchnase" und Schiedsrichterbeledigung gedeutet, so dass die Farbpalette um eine schöne Herbstfarbe erweitert wurde.
Bis dahin war dieser dritte Satz ein absolut hochklassiges Spiel auf Augenhöhe, in dem Cottbus stets knapp führte. Nun gelang es ihnen, sich auf 20:17 abzusetzen, doch das Feuer beim USV war jetzt erst richtig geschürt, so dass die Schwarze Bestie aus Golm einen 7:0 Lauf hin-, und Cottbus völlig zerlegte. Übrigens, die Krönung des Surrealismus: Krauti sagt in der Satzpause: "Wir bleiben jetzt alle ganz ruhig und sagen gar nichts mehr."
Den Heroen aus Golm gelang nun die totale Zerstörung des Gatgebers. Völlig gebrochen wechselten sie munter durch den B-Kader, der vom angestachelten USV nach Strich und Faden mit allen Kabinettstückchen vorgeführt wurde. Mit 25:21, 23:25, 25:21 und 25:15 obsiegte das Schwarze Ballett am Ende völlig verdient.
Die nächste Aufführung von "Luigis Bruder" findet dann hoffentlich ohne das Ensemble des USV statt, sonst wird die Posse zur Tragödie.
Nach den ersten beiden Spielen hätten wir tatsächlich nicht gedacht, dass man gegen Zossen mehr als drei Sätze spielen kann, aber in Cottbus wird auch das Unmögliche möglich - Danke für 5 bierenstarke Sätze.
PS: Gute Besserung an Florian.

Donnerstag, 13. Oktober 2022

Schluss mit Kuschelkurs

Nachdem die Cottbusser vergangene Saison in der Regionalliga vor sich hin vegetieren, wo sie mit ausgeprägter Erfolglosigkeit glänzen konnten, versuchen sie sich erneut in der härtesten Liga der Welt - die verbale Schonzeit und das gegenseitig ehrerbietende in den Arsch gekrieche ist jetzt vorbei.

Die letzten Begegnungen zwischen Cottbus und dem USV Potsdam sahen souveräne Siege der Hauptstädter, womit die Favoritenrolle wohl klar sein sollte.
Also Schluss mit Rumgeeier, am Samstag gibt's auf Kolumbus sein Ei!
Achso, Zossen kommt auch. Kennt jemand die Mannschaft?

Dienstag, 11. Oktober 2022

Vom USV lernen, heißt siegen lernen

 

Ich weiß ja nicht, wer da im Kreml die Propaganda zu verantworten hat, aber so dilettantisch und amateurhaft... Joseph würde sich im Grabe umdrehen (also Joseph von Arimathäa natürlich). Traurig, einfach nur traurig. Umso schöner, dass der USV Potsdam und sein MfMP wieder zurück sind.

Am vergangenen Samstag ging es personell etwas ausgedünnt nach Schöneiche. Daraus ergab sich ein vorteilhafter Bierquotient, und die Erfahrung lehrte, dass man einen Gegner auch zu siebent demütigen kann.
Das erste Spiel bestritten wir gegen die bemitleidenswerten Überreste von Teltow-Kleinmachnow - sagen wir mal so, die neuen russischen Rekruten sind im Verhältnis dazu Eliteeinheiten. Im ersten Satz konnte der USV Potsdam sehr gezielte und punktuelle Akzente setzen - insgesamt 16 an der Zahl, was diesen Satz auf eine Stufe mit so heroischen Manövern wie den Schlieffenplan oder den russischen Vormarsch auf Kiew stellt.
Nach dieser kleinen Kennenlernrunde des neu zusammengewürfelten Schwarzen Balletts startete dann die Gegenoffensive und fortan nahm das Drama für den VC Teltow-Kleinmachnow seinen Lauf, der von "konkurrenzfähig" an diesem Tag so weit entfernt war wie der USV von "sympathisch". Inzwischen gilt sogar der Begriff "Teltow-Kleinmachnow" als international akzeptiertes Synonym für "totales Debakel". Satzendstände von 25:9, 25:17 und 25:16 machen dies eindrucksvoll deutlich.
Obwohl der Gastgeber Schöneiche dann im zweiten Spiel tatsächlich 14 Spieler aufbot, durfte das Gesamtalter der sieben USV-Spieler noch höher gelegen haben - ich befürchte, das galt trotz meiner Anwesenheit auch für das Gesamtgewicht (von wegen "ausgedünnt"). Das Schwarze Ballett blieb bei seinem Credo, dem Gegner bei der fehlerhaften Ausführung von Spielelementen den Vortritt zu lassen, und beschränkte sich auf eine gute Block-Feldabwehrarbeit und bisweilen überzeugende Gegenangriffe. Leider zeigte Martin in aller Öffentlichkeit, dass der USV Potsdam II nach der Fusion mit der ehemaligen "Ersten" nicht mehr der intellektuelle Leuchtturm der Liga ist - den Aufschrei von Dr. Risse bei der Vergewaltigung physikalischer Gesetze war von Australien bis nach Schöneiche zu hören.
Schöneiche zeigte sich trotz ihrer eingeschränkten spielerischen Möglichkeiten stets bemüht, war aber dem technischen und taktischen Repertoire des USV Potsdam zu keiner Zeit des Spiels gewachsen. Mit 25:21, 25:13 und 25:20 sicherte sich der fünfmalige Landesmeister weitere drei Punkte und legt damit einen deutlich besseren Start als letzte Saison hin. Angesichts der Qualitäten dieser Mannschaft im Schlussspurt, sollte der Liga schon jetzt Angst und Bange werden.