Sonntag, 19. Oktober 2014

Von großen Gesten und kleinen Gegnern

Die elsterwerdaer Abschiedstournee - so viel Ehrlichkeit darf nach nicht mal einem Viertel der Saison erlaubt sein - erreichte an diesem Samstag zum ersten mal die Landeshauptstadt. Unsere langjährigen und inzwischen recht lieb gewonnenen Freunde aus dem demographisch vernachlässigten Süden Brandenburgs hatten dabei scheinbar die Kindertagesstätten und Seniorenresidenzen ihrer Heimat geplündert und waren mit allem angereist was sich auftreiben ließ. Die Heroen aus Golm waren auch sichtlich gerührt ob dieses verzweifelten Versuchs, sich durch das Erwecken von Mitleid einer rumänischen Bettlerbande gleich, eventuell doch noch den ein oder anderen Punkt als Almosen zu erschleichen. Da uns die Tränen der Rührung überkamen und wir Gegner und Feld nur noch verschwommen sahen, wurde der erste Satz knapper als man hätte erwarten können. Da sie sich aber so tapfer wehrten, kamen wir einfach nicht umhin, ihnen doch noch den obligatorischen Satz zu überlassen. Für die folgenden zwei Sätze war unsere Tränenflüssigkeit leider aufgebraucht. Einzig Pawel fand sich noch zu einer großmütigen Geste bereit und opferte bereitwill seine bisher während der Saison sorgsam gehütete 100%ige Angriffsquote, bevor er mit einer tiefen Verbeugung vor dem Gegner - vergleichbar dem Kniefall von Willy Brandt - seine Anerkennung zum Ausdruck brachte. Möge die "pawlow'sche Verbeugung" zum Symbol einer zwar plumpen und nur bedingt ästhetischen, aber aus tiefstem Herzen sprechenden Anerkennung für  einen aufopfernden moralischen Kampf einer Friedenstaube gleich die Kontinente und Krisengebiete unserer Erde überziehen.
Auch die Waldstädter haben eine kleine Umstrukturierung hinter sich. Nachdem sie ihren Erfolgstrainer an den aufstrebenden Lokalkonkurenten aus Werder verloren haben, der seitdem von Sieg zu Sieg eilt, haben sie sich durch den Landesligaabsteiger Rehbrücke ver... na sagen wir, zahlenmäßig aufgerüstet. Mit dem angeblich besten Libero der Landesklasse, der schon mehrfach den goldenen Knieschützer gewonnen haben soll, und einer Armada von kleinen gedrungenen Zuspielern wollten sie uns das Leben so schwer wie möglich machen. Dass es dann doch nicht so sehr schwer wurde lag an einer stabilen Annahme auf Seiten des amtierenden Landesmeisters und einem über weite Strecken sehr guten Aufschlag - vor allem von Marci. Mal ganz abgesehen davon, dass dem Gegner schlicht und ergreifend die Qualität fehlte, uns ernsthaft in Schwierigkeiten bringen zu können. Das spieltaktische Prinzip Waldstadts, ohne Mittelblock zu spielen und sich stattdessen auf ihre überragende Feldabwehr zu verlassen, ging zudem nicht ganz auf. Die Erfolgsquote unserer Mittelangreifer war vergleichbar mit den Wahlerfolgen der kommunistischen Partei Nordkoreas. Waldstadt wurde in eigener Halle streckenweise derbe demontiert, und konnte trotz der breiten Bank nichts entgegensetzen. Die Verringerung der Durschnittsgröße auf dem Feld, um durch eine Herabsetzung des allgemeinen Körperschwerpunktes die Feldabwehr zu verbessern (so würde ich die Wechsel mal interpretieren), war nicht unbedingt von Erfolg gekrönt. Dass Waldstadt aber zumindest einen Satz gewinnen konnte, lag, und darin waren sich alle Spieler bis auf den Zuspieler einig, am Zuspieler - also an unserem, nicht dass einer denkt, der Gegner hätte auf einmal gut gespielt.

5 Kommentare:

  1. perfekte Beschreibung...einfach nur perfekt! :D

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  2. Unter aller Sau! Von Respekt noch nie was gehört oder?? Denkt nächstes mal erst nach bevor ihr sowas abschickt! Ihr habt gewonnen ja aber so locker wie hier beschrieben ging das auch nicht....

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  3. Um dich zu bestätigen, "ja", wir haben gewonnen, aber was bringt dich eigentlich in die Position darüber zu entscheiden, ob wir den Sieg als "locker" angesehen haben oder nicht? In Anbetracht unserer Eigenfehlerquote und des am Ende recht deutlichen Ergebnisses, haben wir uns nach intensiver Diskussion darauf geeinigt, "locker" ist ein durchaus adäquates Eigenschaftswort.

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  4. es würde auch nur halb soviel spaß machen, wenn es niemanden geben würde, der rumheult. :D

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  5. Ich habe die Live-Übertragung vom Spiel auf Sky gesehen...war'n ganz lockerer Sieg.

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