Eigentlich müsste man als "Werderaner" doch wissen, dass man den USV Potsdam nicht provozieren sollte - schon gar nicht, wenn man nur über ein humoristisches Fachabitur verfügt und gerade böse vermöbelt worden ist. Einige mögen behaupten, dies (das Zitat aus der Überschrift) sei kein Verhalten, das "respektvoll und höflich gegenüber ... Zuschauern" (Ethikcode, 9) anmutet, aber gegenüber Regionalligaflüchtlingen, die mit der kulturellen Integration in der Brandenburgliga noch Probleme haben, sind wir natürlich tolerant - auch wenn sie nur auf der Durchreise nach unten sind. Dabei wollten die Heroen aus Golm den scheinbar verwirrten Blütenstädtern, die ständig fragten "Wer da?" lediglich freundlich mitteilen, dass "niemand" gekommen war - so ein Kellerduell lockt selbst in Eisenhüttenstdt keinen Hund hinter dem Ofen vor.
Schon kurz vor acht Uhr morgens nahmen wir einen ersten großen Zug ... den nach Frankfurt Oder. Motiviert durch die Samstagsausgabe eines starkbebilderten Boulevardmagazins (siehe unten) tangentierten uns die yogarithmischen Funktionen schon in diesem frühen Stadium der Reise recht stark. In jeder Situation Herr unserer Entgleisungen konnten wir lange Zeit nicht nur unsere Moral aufrecht erhalten.
In Eisenhüttenstadt angekommen, machte sich bei einigen Spielern ihre Pollenallergie ob der - so wie von Helmut Kohl einst versprochen - blühenden Landschaften bemerkbar. Die Erkenntnis, diesen Ort möglichst zeitnah wieder verlassen zu wollen, beflügelte uns dann auch im ersten Spiel. Werder, das quasi ein tabellarisches Heimspiel hatte - ich meine, wer seit über einem Jahr in den verschiedenen Tabellenkellern umherirrt - war, um es diplomatisch auszudrücken, stets bemüht. Das 25:15 zeigte deutlich, dass das Schwarze Ballett bereits während des ersten Satzes nicht mehr konsequent an der Demontage des Gegners arbeitete und sehr nachlässig mit seinen Möglichkeiten umging. Möglicherweise lag es auch daran, dass der Gegner auf der Diagonalposition von vornherein etwas getauscht hatte und uns somit der Kulminationspunkt fehlte - ein durchaus cleverer Schachzug. Die Beschwichtigungsstrategie schien dann im zweiten Satz auch Früchte zu tragen, als sich Werder widererwartend (für so ziemlich jeden in der Halle) den zweiten Satz sicherte. Dies sollte aber der einzige Fehltritt der Balletttänzer bleiben.
Im zweiten Spiel gegen Eisenhüttenstadt setzten wir mehr auf Masse - Tom und Pawel betraten das Feld. Objektive Beobachter bescheinigten dem USV-Spiel aber nur einen geringfügigen Verlust an Dynamik - ich hab gesagt "objektiv", nicht "fachkundig". Das auf vier Positionen völlig neu besetzte Schwarze Ballett (das ist mal ein dekadenter Kader) ließ dem Gegner trotz offensichtlicher Blockverweigerung kaum eine realistische Chance, zumal Hütte glaubte, unsere spielerfahrenen Mittvierziger mit schon an Senilität grenzendem Spieleraterial bezwingen zu können. So nutzten wir das Spiel zum behutsamen Formaufbau unserer verletzungsbedingt im athletischen Bereich noch Reserven habenden Spieler, die sich sich gleich mit mehreren Erfolgserlebnissen Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben holten - wehe, wenn Pawel einmal ins Rollen kommt.
Der Höhepunkt des Spieltages war zweifellos die Rückreise, die zur mannschaftsinternen Weihnachtsfeier deklariert wurde und zur Unterhaltung aller in unserem Waggon sitzenden Mitreisenden wurde. Das Quartier nahe der Toilette aufgeschlagen, spielten wir eine durch Hopfengetränke verstärkt angeregter Blasentätigkeit erschwerte, träge Form des Klassikers "Reise nach Jerusalem". Unter dem Credo "Wenn jemand fragt, wir sind aus Werder." bemühten wir uns redlich, die verschiedenen Fahrgäste an unserer Festivität teilhaben zu lassen, so dass wir uns getrost an die schon legendären Worte Sven Schlegels erinnern mussten: "Ihr repräsentiert die Brandenburgliga!" - aber ich glaube, damals war der Kontext etwas anders. In diesem Sinne, frohe Weihnachten.
Unser "Tannenbaum" für alle USV-Fans. |
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