Dienstag, 12. Oktober 2010

Was ist Satire? – Aufbau und Funktionsweise

Der nachfolgende Artikel entstand im Rahmen diverser Spielberichterstattungen am Montag, den 4. Dezember 2006 vom ehemaligen USVII- und VFH-Libero Mutze. Aus aktuellem Anlass wird diese Kolumne hier nochmals veröffentlicht:

Was ist Satire? – Aufbau und Funktionsweise

Kaum zu glauben, was sich neulich in unserem Gästebuch abspielte. Unser Minister für Mannschaftsaufklärung und Propaganda (MfMP) wurde bezichtigt, naja ihr wisst schon alle was – unobjektiv zu schreiben. Dass es sich beim MfMP um eine vom Aussterben bedrohte Gattung von Menschen – Satirikern – handelt, wurde dabei scheinbar völlig vergessen. Die zum Kunstwerk (Spielbericht) zugehörige Bemerkung seinerseits, er habe diesmal besonders objektiv geschrieben, müsste eigentlich auch den letzten Kritikern der Kunst davon überzeugen, dass es sich beim Bericht um SATIRE handelt. Ja – es ist nur Satire!

Trotzdem konnten leider nur wir lachen und nicht die Gegner. Was Satire ist und will, warum also unsere Spielberichte so sind, wie sie sind? – dieses Wissen möchten wir nun mit euch teilen, auf das alle Mannschaften unsere Spielberichte mit einem lachenden Auge sehen, denn der Spaß steht bei uns leider noch an erster Stelle – tut uns leid.

Das Reichsgericht bezeichnete Satire und Karikatur in einem bedeutsamen Judikat vom 5. Juni 1928 folgendermaßen (Vgl.: Kulczak, Andreas: Strafrechtliche Einbruchstellen in den Lebensbereichen “bildende Kunst“, Shaker, Aachen, 1993, S. 183 f.):

„Es ist der Satire wesenseigen, daß sie, mehr oder weniger stark, übertreibt, d.h. dem Gedanken, den sie ausdrücken will (1), einen scheinbaren Inhalt gibt (2), der über den wirklich gemeinten hinausgeht, jedoch in einer Weise, daß der des Wesens der Satire kundige Leser oder Beschauer (3) den geäußerten Inhalt (4) auf den ihm entweder bekannten oder erkennbaren tatsächlich gemeinten Gehalt zurückführen vermag (5), also erkennt, daß tatsächlich nicht mehr als dieser geringe Inhalt gemeint ist. Die Satire und die Karikatur ziehen oft, wenn sie Mißstände rügen oder geißeln wollen, in jener übertreibenden, verzerrenden Weise (6) die letzten Folgerungen aus dem Bestehen des Mißstandes, um diesen, mag er selbst auch keineswegs in einer so starken Form aufgetreten sein, recht handgreiflich und darum eindrucksvoll als solchen zu kennzeichnen.“

Jetzt will ich die Zahlen, die nachträglich eingeführt wurden etwas mit Leben füllen und zwar konkret am Beispiel vom Wildau-Spiel und dessen Bericht.

(1) Eigentlicher Gedanke: das Spiel endete 3 zu 1 für uns; wir hatten Glück, dass die Schiedsrichter in wichtigen Situationen für uns gepfiffen haben; wir waren nicht das überlegene Team, wie es Tabellensituation vermuten lassen könnte

(2) Wir haben Wildau total weggehauen, haben richtig gut gespielt und waren überlegen, wie es die Tabellensituation ausdrückt

(3) die Zuschauer und beteiligten Spieler, ergo: die Spieler von Wildau, Spremberg und Potsdam, ein paar verirrte Zuschauer, die weiblichen Fans von Wildau, Schiedsgericht

(4) siehe (2)

(5) siehe (1)

(6) die Wortwahl vom MfMP

Jetzt wissen wir also, was eine Satire ist. Satiriker haben also die Narrenfreiheit einen bestimmten Inhalt stark verzerrt darzustellen. Wichtig – besonders für die Rechtsprechung ist nur, ob der „eigentliche Gedanke“ beleidigenden Charakter besitzt.

„Daß eine satirische Darstellung nicht nach ihrem Wortsinn genommen werden, sondern erst des in Wort und Bild gewählten satirischen Gewandes entkleidet werden muß, bevor beurteilt werden kann, ob das, was in dieser Form ausgesprochen oder dargestellt ist, den Tatbestand einer strafbaren Handlung, im besonderen der Beleidigung ... enthält.“ (Vgl.: ebd.)

In der Hoffnung mit dieser Kolumne den Arsch unseres MfMP ein wenig gerettet zu haben, beende ich die wöchentliche Kolumne mit einer Selbstkarikatur eines der berühmtesten deutschen Satirikers - Rainer Hachfeld. Sie trägt die Überschrift: „Mit spitzem Stift“ und ist unter www.rainerhachfeld.de zu finden. Jetzt wisst ihr, wie der MfMP ungefähr beim schreiben aussieht...guckt und bitte bitte bitte – lacht auch mal nen bisschen auch wenn es (tabellen-mäßig) schlecht um euch stehen sollte, Volleyball ist doch auch nur eine der schönsten Nebensachen der Welt. Fragt bei Marci nach, was die schönste ist...

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